Cradle to Cradle

Die Industrialisierung in Europa brachte eine Produktionsweise hervor, die an eine Einbahnstraße erinnert.“

(Weiland, S. 1)

1.0 These

Der menschliche Eingriff in das Ökosystem hat einen anthropogenen Klimawandel hervorgerufen. Dabei ist der Eingriff hauptsächlich dem derzeitigen Weltwirtschaftssystem zuzuordnen und vorzuwerfen. Auffallend an der Produktionsweise des Wirtschaftssystems ist, dass nicht nur große Mengen an natürlichen, fossilen und chemischen Stoffen hineingehen, sondern auch in linearer Verwendung wieder hinausgehen und damit nicht wieder in die Produktion zurückkehren. Eine solche Produktion bringt folglich Unmengen an Abfall hervor. Dabei wird geprüft, ob die deutsche Abfallwirtschaft diesen Abfall verwerten kann und ob die Umsetzung des zirkulären Abfallvermeidungskonzeptes Cradle to Cradle als umweltverträgliches System zu betrachten ist.

In den folgenden Seiten wird das Abfallwirtschaftssystem von Deutschland analysiert und es wird näher auf das Recycling und den Verkauf von Abfall eingegangen. Nach der Ausführung über derzeitige Abfallverwertungsmethoden wird das Cradle to Cradle Konzept von Michael Braungart und William McDonough als alternatives Produktionsmodell vorgeschlagen. Hierfür werden die beiden grundlegenden Komponenten des Konzeptes, der biologische und der technische Metabolismus, erklärt. Abschließend wird eine kritische Begutachtung des Cradle to Cradle Konzeptes durchgeführt.

2.0 Abfallwirtschaft

Laut einer Studie des Wupper-Instituts, erzeugt die deutsche Gesellschaft im Jahr 2011 mit nahezu gleichbleibenden Werten seit 1999 386,7 Mio. t Abfall. Dabei entstehen 50,2 Mio. t Siedlungsabfälle (Hausmüll, Speermüll, Elektronische Geräte, etc.) und 58,4 Mio. t Abfälle aus Produktion und Gewerbe, wobei der Rest größtenteils durch Ressourcenabbau entsteht. Somit verursacht, nur unter Berücksichtigung der ersten beiden Kategorien, jeder Einwohner Deutschlands 1,2 t Abfall pro Jahr. (Recycling in Deutschland – Studie im Auftrag der KfW)

Der Definition aus dem Abfallgesetz nach handelt es sich bei Abfall, um „bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will, oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist“ (Abfallgesetz 1986: §1, Abs. 1). Abfall ist also einer grundlegenden Entsorgungseigenschaft zugrunde zu legen. Die heutige Bedeutung wurde dem Begriff des Abfalls allerdings erst mit der Industrialisierung zugeordnet, denn in „allen vorindustriellen Gesellschaften“ kam es zu einer fast vollständigen Rückführung von Stoffen als Produktionsmittel (Hofmeister 2013, S. 24). Diese eher zufällig herbeigeführte Kreislaufwirtschaft definiert unser heutiges Bestreben geeignete Recyclingmethoden zu finden, um eine größtmögliche Rückführung der Stoffe in die Wirtschaft zu gewährleisten. Allerdings wurde solch eine Denkweise über eine lange Zeit in der Industriegesellschaft nicht angenommen (Hofmeister 2013, S. 25). Erst in „jüngster Zeit setzen verstärkt Überlegungen ein, die Einbahnstraße zu verlassen und eine am ökologischen Kreislauf orientierte Wirtschaftsform zu schaffen“ (Weiland 2013, S. 1). 

Grundlegend lässt sich der Beginn der theoretischen Auseinandersetzung mit einer Kreislaufwirtschaft mit dem 1972 veröffentlichten Bericht des Club of Rome „The Limits To Growth“ datieren, zu welcher Zeit vermehrte Diskussionen über Recyclingmethoden in Gang gebracht wurden (Jaeger 1976, S. 660). Vor diesen Überlegungen beinhaltete die Grundkonstellation der Ökonomie eine „ökonomische Produktionssphäre“ und eine „außerökonomische Reproduktionssphäre“ (Hofmeister 2013, S. 25). Darauf aufbauend nimmt Hofmeister an, dass Abfall ein ökonomisch externalisiertes Naturprodukt sei, das systemisch von der industriellen Wirtschaftsgesellschaft hervorgebracht werde (Hofmeister 2013, S. 26). Am Beispiel der Automobilbranche beschreibt Weiland (Weiland 2013, S.179), dass die Verwertung der produzierten Güter nach dem Gebrauch derzeit getrennt von der Produktionsbranche zu betrachten ist, wodurch dies für die Hersteller einen bedeutungslosen Faktor darstelle. Eine solche nicht-Berücksichtigung der Verwertung im Produktdesign verursacht Schwierigkeiten in der für die Verwertung essentiellen Stofftrennung innerhalb eines Produktes (Braungart/McDonough 2013, S. 18). Am Beispiel der Autotür, bei der Kunststoff mit Chemie-Kleber an Metall gefügt wird, bedarf es eine saubere Trennung des Kunststoffes und des Metalls vom Kleber, um eine Wiederverwertung zu ermöglichen. Weiland beschreibt, dass für eine solche Verwertung ein spiegelbildlich zum Produktionsprozess „entsprechend detaillierter Demontage- und Entsorgungsprozess entwickelt werden muss“ (Weiland 2013, S. 1). Die Erstellung und Umsetzung eines solchen Demontage- und Entsorgungsprozesses stellen sich zumeist als umständlich, kostenaufwändig und ökologisch ineffektiv dar. 

2.1 Recycling

Deutschland gilt als Recycling-Vorreiter in der Europäischen Union. In 2011 wurden bereits „76,9% des Nettoabfallaufkommens verwertet“ (Wilts et al. 2014, S.9). Allerdings bedarf dieser Zahl einer differenzierten Betrachtungsweise. Denn als verwertet gilt alles, was in einer Verwertungsanlage ankommt, aber was davon als Sekundärrohstoff weiterverarbeitet werden kann, also tatsächlich recycelt wird, gibt diese Zahl nicht preis (Wilts et al. 2014, S.11). Werden die Abfallbehandlungsanlagen betrachtet, wird deutlich, dass ca. 30% der Abfälle in Abfallverbrennungsanlagen landen, die somit größtenteils einen letzten Wert als Teilinput in Kraft- und Heizwerken schaffen (Wilts et al. 2014, S. 10). Außerdem wird am Beispiel Kunststoff deutlich, dass auch die in Verwertungsanlagen eingelieferten Abfälle zumeist nicht in die stoffliche Verwertung gelangen. Im Jahr 2011 sind 5,4 Mio. t Kunststoffabfälle in Verwertungsanlagen eingeliefert worden (Abb. 1). Davon sind allerdings nur 2,3 Mio. t stofflich verwertet worden, so dass diese als Sekundärrohstoffe in die Produktionsprozesse wieder einbezogen werden können (Abb. 1). Dies zeigt auf, dass die deutsche Abfallwirtschaft derzeit weit davon entfernt ist, eine zirkuläre Ökonomie zu erschaffen. Hinzu kommt das Problem des Downcyclings, welches im Folgenden näher erläutert wird.

2.1.1 Downcycling

Wer heutzutage von Recycling spricht, meint in der Regel Downcycling, eine Verminderung der Qualität eines Materials (Braungart/McDonough 2013, S. 80). Diese Verminderung der Qualität hat zur Folge, dass das Material nicht in seiner ursprünglichen Funktion wiedereingesetzt werden kann. Folglich wird der Entsorgungsprozess nur hinausgezögert, statt eine zirkuläre Wirtschaft hervorzubringen. Unter Wiederaufnahme des vorangegangenen Beispiels eines Autos kann der Downcycling-Prozess exemplarisch dargestellt werden:

Der hochwertige Stahl, welcher für die Produktion von Autos nötig ist, wird unter der Maßnahme des Recyclings mitsamt anderer Autoteile, wie Farb- und Kunststoffbeschichtungen und dem Kupfer der Autokabel, eingeschmolzen. Dadurch wird allerdings die Qualität des Stahls vermindert, welcher zumeist nicht für die notwendigen Materialeigenschaften eines neuen Wagens ausreicht, weshalb es auch dazu kommt, dass hochwertiger Stahl mit dazugegeben wird, um die Qualität des downgecycelten Materials zu erhöhen. (Braungart/McDonough 2013, S. 81)

Auch das Recycling von Aluminium ist gezeichnet von Verminderungen der Qualität. Hochwertiges und niederwertiges Aluminium, welches in demselben Produkt verwendet wird (bspw. in einer Getränkedose, wo der Deckel einer verminderte Aluminiumqualität aufweist), wird im Recyclingprozess zusammen eingeschmolzen, mit dem Ergebnis eines minderwertigen und weniger nützlichen Produktes, welches bestenfalls noch als Dosendeckel benutzt werden kann (vgl. Koffler, et al. 2013; Braungart/McDonough 2013). 

Seit 30 Jahren gibt es in Deutschland die Mülltrennung in Papier-, Bio-, Rest- und Plastikmüll. Trotzdem werden nur weniger als zehn Prozent des recycelten Kunststoffes in die Produktion zurückgegeben (vgl. Kläsgen 2020). Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass Kunststoffe mit anderen Kunststoffen vermischt und zu Hybriden verarbeitet werden, wodurch diese allerdings an Qualität verlieren, die es nicht mehr erlaubt vorige Funktionen zu erfüllen (vgl. Braungart/McDonough 2013, S.81; La Mantia 2004). Außerdem wird Plastikabfall aufgrund der im Vergleich zu anderen Sekundärrohstoffen guten Verwertungseigenschaft als Wirtschaftsgut betrachtet (vgl. Wilts et al. 2014, S. 22). 

2.2 Abfall-Outsourcing

Im Jahr 2010 wurden 20,5 Mio. t in Deutschland produzierter Abfall ins Ausland verkauft (vgl. Wilts et al., S. 23). Zudem weist eine Darstellung der Studie des Wupperinstituts auf, das aus dem gesamten EU-Raum 2009 fast 3,5 Mio. t Kunststoffabfall exportiert wurde, wobei etwa 90% der gesamten Exporte nach Hong Kong oder China gingen (vgl. Wilts et al., S.24). Dem Export des Kunststoffabfalls liegt die Idee zugrunde, dass Verwertungsanlagen im Ausland den Sekundärrohstoff herstellen und diesen direkt in die lokale Produktion mit einbinden. Außerdem bezahlen bspw. chinesische Recyclinganlagen mehr für die Tonne Kunststoffabfall, als deutsche Verwertungsanlagen, erklärt Jörg Lacher vom Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (vgl. Kotte 2018). Daher verwundert es auch weniger, dass der größte Kunststoffexporteur China auch der größte Abnehmer des Kunststoffabfalls aus Europa war (vgl. OEC; Wilts et al. 2014, S. 22). Problematisch an dem grundsätzlichem Outsourcing-Prozess ist, dass „in Europa die Anreize gesenkt [werden], in weitere oder hochwertigere Anlagenkapazitäten zu investieren“ (Wilts et al. 2014, S. 24). 

Denn im März 2018 hat die Regierung von China ein Gesetz erlassen, welches den Kunststoffabfallimport stoppt, auch Thailand und Vietnam sind dem gleichgekommen (vgl. Kotte 2018). Unter Berücksichtigung dessen, dass im Jahr 2016 560.000 Tonnen Kunststoffabfall allein nach China exportiert wurde (vgl. Kotte 2018), stellt sich die Frage, was stattdessen mit dem Abfall geschehen wird. 

Zum einen werden Verwertungsanlagen in Deutschland zukünftig ausgelastet sein. So kam es in der Vergangenheit dazu, dass Kunststoffabfälle exportiert wurden, obwohl deutsche Anlagen nicht ausgelastet waren (vgl. Wilts et al. 2014, S. 22). Dies ist wahrscheinlich auf den höheren Preis zurückzuführen gewesen, den chinesische Verwertungsanlagen für den Abfall bezahlt haben. Außerdem liegen die Behandlungskosten im Ausland weit unter denen in Deutschland, so dass aufkommende Transportkosten in der Folge deutlich überkompensiert werden (vgl. Wilts et al. 2014, S. 22). Da allerdings durch den Outsourcing-Prozess weniger Investitionen in die deutsche Abfallverwertungsinfrastruktur getätigt wurden, werden die nationalen Verwertungsanlagen in Folge der Exportstopps nach China überstrapaziert sein und nach Einschätzung von Jörg Lacher vom Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung werde eine Menge des Plastikabfalls in Deutschland zwischengelagert werden, bis ausreichende Kapazitäten vorhanden seien (vgl. Kotte 2018). 

Zum anderen werden andere asiatische Länder mit einer weniger entwickelten Abfallverwertungswirtschaft deutschen Kunststoffabfall aufnehmen. So wurde nach dem Import-Stopp in China bis September 2018 mehr als 100.000 Tonnen Kunststoffabfall nach Malaysia exportiert, was, laut einem Bericht von Greenpeace, fast zweieinhalb Mal so viel ist wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres (vgl. Wagner 2018). Die Auswirkungen des Exports in Länder mit einer weniger entwickelten Abfallverwertungswirtschaft zeigt ein offizieller Bericht von Greenpeace, der die Entsorgungs- und Verwertungsanlagen in Malaysia 2018 untersucht hat (vgl. „The Recycling Myth“ von Greenpeace Malaysia). Trotz der strengen Vorschriften, festgehalten in internationalen Verträgen, wie die Kunststoffabfälle verwertet werden müssen, zeigt der Bericht auf, dass es allein in der Umgebung von Selangor in Malaysia 500 illegale Kunststoffentsorgungsanlagen gebe, die unabhängig von internationalen Verträgen, den Müll aus nachweislich 19 Ländern, auch aus Deutschland, illegal verbrennen oder deponieren (vgl. Greenpeace Malaysia 2018). Diese nicht nach Umweltstandards geregelten Entsorgungs- und Verwertungsanlagen haben Greenpeace zu Folge erheblich negative Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung aufgrund der entweichenden toxischen Gase beim Verbrennen des Kunststoffes (vgl. Greenpeace Malaysia 2018). Auch auf die Natur wirkt sich das nicht regulierte Deponieren und Verbrennen von Kunststoffen negativ aus. So wurde im Fluss von Kuala Langat, welcher von illegalen Anlagen umgeben ist, ein extrem hoher Aluminium- und Eisenanteil gemessen (vgl. Greenpeace Malaysia 2018). Der Fluss dient wiederum vielen umliegenden Fisch-Farmen als Wasserquelle, so dass lokale Unternehmen, laut Greenpeace, stark von der illegalen Entsorgung gefährdet sind (vgl. Greenpeace Malaysia 2018).

Es stellt sich heraus, dass der Export von Abfällen schädigend für Umwelt und Bevölkerung in den belieferten Ländern ist, weshalb anzunehmen ist, dass andere Länder dem Vorbild Chinas nachkommen und den Import von Abfällen stoppen werden. Aber auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, stellen die Abfallmengen aus Deutschland ein großes Problem dar. Als mögliche Alternative kann das von Michael Braungart und William McDonough entwickelte Konzept, Cradle To Cradle, berücksichtigt werden, da dieses durch ein Umdenken in der Produktion Abfall komplett vermeiden würde. 

3.0 Cradle To Cradle – Eine Welt ohne Abfall?

Wie bereits erwähnt, beschreibt Hofmeister Abfall als ein systemisch hervorgebrachtes Produkt der Industriegesellschaft (Hofmeister 2013, S. 26). Dies würde bedeuten, dass Abfall gar kein Naturprodukt ist und daher gar nicht erst produziert werden muss. Michael Braungart, Chemiker und Gründer der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH, und William McDonough, Architekt und Gründer von William McDonough & Partners sind genau der Meinung, dass „die Menschen primär kein Problem der Umweltverschmutzung (…), sondern ein Designproblem“ haben (Braungart/McDonough 2013, S.23). Abfall entsteht demzufolge im Design der produzierten Güter und Waren. Dahingehend haben Braungart und McDonough in Zusammenarbeit ein Designprinzip entwickelt, welches sie Cradle To Cradle (eng. für: von der Wiege zur Wiege) genannt haben. 

Cradle To Cradle beschreibt ein Produktdesign, welches „sowohl kreislauffähig ist als auch in ihrer Zirkulation keine gesundheits- oder umweltschädlichen Wirkungen aufweist“ (Stein 2016, S. 33). Als Vorbild für das Prinzip gilt die Natur und deren natürlicher Metabolismus der Wiederverwertung und Wiedereingliederung (Braungart et al. 2007, S. 1342). Anstatt eine Industrie mit einer „außerökonomischen Reproduktionssphäre“ (Hofmeister 2013, S. 25) zu bewirtschaften, zielt Cradle To Cradle auf die Berücksichtigung der Reproduzierbarkeit in der Produktion. Dabei beschreiben Braungart und McDonough zwei Metabolismen, aus der die Cradle to Cradle-Industrie bestehen solle und in die jegliche Produktionen wiedereingegliedert werden würden, um nicht nur keine Schäden zuzuführen, sondern gleichzeitig als Nährstoff für den jeweiligen Metabolismus zu dienen (vgl. Braungart/McDonough 2013, S. 136). Dabei handelt es sich, um einen biologischen und einen technischen Metabolismus. 

3.1 Der biologische Metabolismus

Biologische Nährstoffe, die von Mikroorganismen und Tieren verwertet werden können, sollen zurück in den biologischen Metabolismus gelangen (Braungart/McDonough 2013, S. 137). Dadurch werden die Nährstoffe, die der Natur genommen werden, gänzlich wieder zurückgeführt, so dass im biologischen Metabolismus kein Nährstoffdefizit entstehen kann. Es besteht sogar die Möglichkeit einen Nährstoffüberschuss zu schaffen, da nicht nur natürliche und pflanzlich basierte Materialien und Biopolymere zurückgeführt werden können, sondern auch synthetische Stoffe unter der Voraussetzung einer unbedenklichen Handhabung für Mensch und Umwelt und eine vollständige Kompostierbarkeit für die Rückführung in die Biosphäre (Braungart et al. 2007, S.1343). 

Die grundlegende Änderung ist die kontrollierte biologische Verwertbarkeit von Produkten. Dies erfordert eine strenge Trennung von nicht biologisch abbaubaren Stoffen und solchen, die es sind. Braungart und McDonough skizzieren eine Welt, in der Konsumgüter sofort nach der Verwendung in die Biosphäre zurückkehren. Die Autoren hinterfragen, warum Einmalprodukte wie Zahnpastatuben oder Joghurt- und Eisbehälter die Funktion aufweisen, deren Inhalte über Jahrzehnte behalten zu können, bevor sich diese zersetzten. Solche Produkte dienen dem Konsum und können daraufhin biologisch abgebaut werden und sogar als Dünger benutzt werden. (Braungart/McDonough 2013, S. 137) 

Um dies zu ermöglichen, bedarf es allerdings einem grundlegendem Neudesign der Produkte, was enorm zeitaufwendig ist. Ein Wirtschaftssystem, das eine Produktmasse und -vielfalt unter ständigem Chemieeinsatz produziert wie das unsere, benötigt ein Neudesign für fast alle Produktionsweisen, um gewährleisten zu können, dass in einem Produkt keine umweltschädlichen Stoffe sind. Einzelfälle haben dies allerdings schon umgesetzt. So hat Ciba-Geigy, ein Schweizer Chemieunternehmen, eine Produktionsreihe von biologisch abbaubaren synthetischen Stoffen, die zur Verwendung für Rollstuhlpolster gedacht sind, gestartet, die nachweislich weder gesundheits- noch umweltschädlich sind. In Folge der Produktion wurden daher nicht nur die Produkte verbessert haben, sondern auch die Nebenprodukte wie das Abwasser aus der Fabrik (Braungart/McDonough 2013, S. 140 f.). Die Firma Bio-Lutions ist ein Beispiel für ein Neudesign von Einmalgeschirr. Als größter Produzent von Plastikfreien Einmalprodukten in Indien hat das in Hamburg gegründete Unternehmen ein Herstellungsprozess entwickelt, in dem Bioabfälle aus Landwirtschaften in Nanofaser zerlegt werden, so dass diese nach Belieben in neue Designs geformt werden können (Bio-Lutions 2020). Die mit dieser Technik entstandenen Produkte sind innerhalb von 6 Monaten auf einem Kompost abgebaut, in einem gepflegten Hausgarten braucht es dagegen 12 Monate. 

Biologisch abbaubare Produkte müssen aber nicht ausschließlich Einmal-Produkte sein. Abhängig von der Recyclingfähigkeit des Materials kann ein Benutzungsszenario diverse Wiederverwertungsmöglichkeiten umfassen, bevor das Produkt letztendlich kompostierbar in den biologischen Metabolismus reintegriert wird. So kann die Cellulose, die im Papier enthalten ist, recycelt werden und trotz verkürzender Faserlänge lässt sich dieser Stoff mehrfach wiederverwerten, bis er zurück in den biologischen Metabolismus gelangt. (Stein 2016, S.37)

Braungart und McDonough (2013) zu Folge, sei es nicht notwendig beim Konsum von Gütern des biologischen Metabolismus eine Sparsamkeit zu pflegen, wie von vielen politisch nachhaltig versierten Menschen gefordert würde, denn diese Konsumgüter seien Nährstoffe der Natur und damit das Futter, das Wachstum verursacht (Braungart/McDonough 2013, S. 142).

3.2 Der technische Metabolismus

Technische Nährstoffe, Kunststoffe, Metalle und Mineralien, die in der Biosphäre nicht kontinuierlich reproduziert werden, sollen im industriellen System, dem technischen Metabolismus, zirkulieren (Stein 2016, S. 37). Im Gegensatz zu den Konsumgütern des biologischen Metabolismus handelt es sich in der „Technosphäre“ um Gebrauchsgüter, die als Dienstleistungs- oder Serviceprodukte angeboten werden (Braungart/McDonough 2013, S.144). Derzeitig ist der Käufer eines Smartphones ein Konsument, da dieser nicht nur die Leistung des Smartphones in Anspruch nimmt, sondern ebenfalls das gesamte Produkt mitsamt den Materialien in Besitz nimmt, wodurch gleichzeitig die Verantwortung zur Entsorgung auf den Käufer überfällt. Im Design von Braungart und McDonough bleiben die Materialen im Eigentum des Produzenten und nur die Leistung des Produkts wird an den Käufer für einen terminierten Zeitraum abgegeben. Es würde eine Art „Öko-Leasing“ entstehen (Braungart/McDonough 2013, S.146). 

Ein Beispiel für die Öko-Leasing-Variante sind einige Angebote von Teppichunternehmen in den USA. Handelsübliche Teppiche bestehen grundsätzlich aus zwei Bestandteilen, die obere Schicht aus Nylonfasern und die untere Schicht aus Fiberglas und PVC. Wenn der Kunde nun ein neues Modell haben möchte oder das derzeitige ausgenutzt ist, nimmt der Hersteller den Teppich wieder auf, trennt die untere von der oberen Schicht, und kann aus den gewonnenen Materialien neue Teppiche herstellen. Allerdings ist es problematisch, dass es sich nach der Wiederverwertung bei der unteren Schicht um ein Hybrid aus Fiberglas und PVC handelt, so dass die daraus resultierende verminderte Qualität einen Prozess des Downcyclings, wie in 2.1 beschrieben, darstellt. (Braungart/McDonough 2013, S.146)

Im Zuge des Material-Leasings sprechen Braungart und McDonough von der Idee einer Materialbank, die den Prozess des Recyclings und die Materialvergabe an Unternehmen bzw. Produzenten regelt (Braungart et al. 2007, S. 1346). Eine zentralisierte Recyclingkoordination sei demnach einfacher umzusetzen, als Herstellern den Prozess selbst zu überlassen. Allerdings ist eine solche Eigentumskapitalisierung kritisch zu begutachten, da Entscheidungsprozesse über die Herstellung von Gütern zentralisiert über eine solche Materialbank geschehen würden. 

Allerdings führt dieser Zentralisierungsgedanke zu einer grundlegenden Eigenschaft des Cradle to Cradle-Konzeptes.

3.3 Kritik an Cradle To Cradle

Die Cradle to Cradle-„Bewegung“ ist derzeit von zwei Einflussfaktoren abhängig: Michael Braungart und William McDonough. Derzeit ist der Informationsfluss und die Lehre über die Cradle to Cradle Produktion sowie die letztendliche Zertifizierung an die offiziellen Institutionen von Braungart und McDonough gekoppelt, so dass eine dezentrale Weiterentwicklung und Verbreitung der Kenntnisse kontrolliert vermieden wird (vgl. den Held 2009). Braungart rechtfertigt diese Zentralisation damit, dass vermieden werden muss, nicht-Cradle To Cradle Produkte fälschlicherweise als solche zu kennzeichnen, da dies sonst die Öko-Effektivität des Konzeptes missachten würde und das Vertrauen, dass dem Zertifikat über eine ökologisch nachhaltige Produktion entgegengebracht werde, missbrauche (vgl. den Held 2009). 

Eine häufige Kritik an dem Design-Konzept betrifft auch „das Versprechen eines qualitativen Wachstumsansatzes bei gleichzeitiger Behebung der negativen Auswirkungen des bestehenden Wirtschaftssystems“ (Stein 2016, S.40). Braungart und McDonough sprechen im Zuge einer umgesetzten Cradle to Cradle-Produktion von einer intelligenten Verschwendung, so dass dem Konsumenten keine Einschränkungen in Verhalten und Konsum obliegen. Laut der European Environment Agency (EEA) würde allerdings auch eine Kreislaufwirtschaft, ermöglicht mit ausschließlich erneuerbaren Energien, nicht ausreichen, um die stetig steigende Nachfrage innerhalb der EU abzudecken, so dass eine fortlaufende Extraktion unberührter Ressourcen erfordert sei (vgl. Bjørn/Hausschild 2013, S.329; EEA 2011, S.18). 

Auch zirkulierende Stoffströme können weder als unschädlich deklariert werden, noch lösen diese das mit derzeitigen Konsumpraktiken einhergehende Problem der materiellen Überfüllung (vgl. Paech 2012, S.63; Reijnders 2008, S. 1138). Denn auch biologische Nährstoffe, die Teil des biologischen Metabolismus sind, können das ökologische Gleichgewicht zerstören und damit negative Auswirkungen in komplex-interdependenten Ökosystemen hervorrufen, wie bspw. erhöhte Stickstoffzuführung zu einer Eutrophierung führen könnten, das wiederum Biodiversitätsverluste und Ernteertragsrückgange verursache (Reijnders 2008, S. 1138, ff.).